Im Jahrzehnt der 1960er Jahre galt die teilnehmende Beobachtung als eine zentrale Forschungspraxis in der Ethnologie. Die Fotokamera war dafür ein zentrales Instrument zur Dokumentation und Ästhetisierung der Rituale der damals untersuchten fremden Kulturen, an denen der Ethnologe selbst teilnahm.
Ein klarer Fall ist das Werk von Eberhard Fischer. Der 1941 in Berlin geborene Künstler und Ethnologe war schon in jungen Jahren von der Schnittstelle zwischen beiden Bereichen fasziniert – und natürlich von der Erforschung aussereuropäischer Kulturen. Deshalb unternahm er seine ganze Karriere lang eigene Forschungsreisen durch Afrika und Asien, aus denen ein Fotoarchiv mit 35.000 Schwarz-Weiss-Aufnahmen hervorging.
Anlässlich seines 80. Geburtstages zeigt das Kunstmuseum für aussereuropäische Kulturen in Zürich noch bis zum 24. April die frühen Fotografien seines ehemaligen Direktors. Verteilt auf drei Räume werden die Bilder, die Fischer um 1970 in Westafrika und Indien aufgenommen hat, in den historischen Kontext ihrer Entstehung gestellt.
Sie verkörpern perfekt die Besessenheit des Fotografen, jeden Aspekt einer Kultur zu dokumentieren, um zu verhindern, dass sie verschwindet – und gleichzeitig einen kunstvollen Weg zu finden, dies zu tun. So finden wir Bilder von westafrikanischen Maskenschnitzern und Mitgliedern der Adivasi-Gruppe in Indien in ihren banalsten Alltagssituationen.
Wie bereits erwähnt, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Fotografien selbst banal sind – ganz im Gegenteil. In vielen von ihnen inszeniert Fischer die Objekte so, als wären sie für einen Museumskatalog bestimmt. Das passt in den ethnologischen Trend der teilnehmenden Beobachtung der 1960er Jahre, wirft aber heute Fragen nach ihrer Gültigkeit als dokumentarische Methode auf. Und das genau ist das Hauptziel dieser Ausstellung mit dem treffenden Namen «Kunst im Blick«. Das heisst, abgesehen von der Hommage an das Werk vom ehemaligen Museumsdirektor.
«Kunst im Blick» ist noch bis zum 24. April im Museum Rietberg zu sehen. Weitere Informationen findet ihr auf der Website des Museums.