Auf den ersten Blick scheint das Dorf Albinen einer jener utopischen Orte in den Schweizer Alpen zu sein, von denen man nur im Wilhelm Tell liest. Es liegt im deutschsprachigen Teil des Kantons Wallis – in der Südwestschweiz – und in unmittelbarer Nähe des Thermalbads Leukerbad. Auf einem sonnigen Berghang auf 1300 Metern über dem Meeresspiegel, bietet es eine spektakuläre Aussicht auf das untere Rhônetal und die umliegenden Berge. Zudem besteht das gesamte Dorf aus traditionellen Bergbauernhäusern, die eine moderne Kirche umgeben.
Doch in diesem paradiesischen Szenario ist nicht alles so, wie es scheint. Im Laufe der Jahre ist die Bevölkerung stetig geschrumpft, da die jungen Leute auf der Suche nach Arbeit abwandern. Tatsächlich verliessen so viele Familien den Ort, dass die Dorfschule 2017 geschlossen werden musste. Obendrein wurden viele der alten Häuser in den letzten Jahren zu Ferienwohnungen umgebaut und stehen ausserhalb der Saison leer.
Dennoch hat der Gemeinderat 2018 das Problem offen erkannt und ein Projekt entwickelt, um diese Dynamik zu ändern. Nach der Präsentation wurde es von einer grossen Mehrheit der Einwohner des Ortes (per Abstimmung) angenommen.
Erhebliche finanzielle Unterstützung für Neuankömmlinge
Der Gemeinderat brachte es in seiner schriftlichen Initiative auf den Punkt: «Mit dem Wegzug der jungen Leute wird das Leben im Dorf auch für die älteren Bürger infrage gestellt.» Das Hauptziel war also, junge Leute und Familien anzuziehen. Doch die Albinenser erkannten schnell das Hauptproblem beim Zuzug: die wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Und so wurde diese Gemeinschaftsinitiative geboren.
Wie von der Gemeinde beschlossen und genehmigt, zahlt das Dorf Bau- oder kaufwilligen eine einmalige Wohnbauförderung von 25.000 Franken (23.000 Euro) für Einzelpersonen, 50.000 Franken (47.000 Euro) für Paare, plus 10.000 Franken (9500 Euro) für jedes Kind. Ausserdem erhöht sich der Beitrag für Einzelpersonen um 25.000 Franken, wenn ein Paarhaushalt innerhalb der 10 Jahre nach dem Zuzug gebildet wird.
Es gibt jedoch eine Reihe von Voraussetzungen, die Neuankömmlinge erfüllen müssen, um diese finanzielle Unterstützung zu erhalten. In erster Linie muss das neu gekaufte oder gebaute Haus für mindestens zehn Jahre der Wohnort sein. Wer vor Ablauf der Frist wieder wegzieht, muss das Geld in voller Höhe zurückzahlen. Ebenso können nur Personen unter 45 Jahren und mit einer Schweizer Aufenthaltsgenehmigung des Typs C einen Antrag stellen.
Trotz dieses sehr spezifischen Anforderungskatalogs wurde die Gemeinde mit Anfragen aus aller Welt bombardiert, von denen viele nicht berechtigt waren, sich zu bewerben. Daher wurde beschlossen, die Initiative und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen in vollem Umfang auf der Website des Dorfes zu veröffentlichen.
In Albinen selbst gibt es heute noch wenig Arbeit, aber die Kantonshauptstadt Sion und der Industriestandort Visp sind mit dem Auto in 35 Minuten zu erreichen. Und die Internetverbindung ist gar nicht so schlecht. Es könnte ein schöner Ort sein, um Homeoffice zu machen.