Wenn wir ein Museum besuchen, messen wir den ausgestellten Objekten in der Regel nur einen begrenzten Wert bei: Wir schätzen ihre Schönheit und Zusammensetzung und messen ihnen Bedeutung als Zeugen eines bestimmten Themas zu – sei es historisch, künstlerisch oder wissenschaftlich. Nur selten halten wir jedoch inne, um über den Weg nachzudenken, den das Objekt zurückgelegt hat, um ins Museum zu gelangen.
Wer und mit welchen Mitteln war daran beteiligt, das Kunstobjekt in die Ausstellung zu bringen? Mit welcher Begründung wurde entschieden, dass das Objekt es verdient, ausgestellt zu werden, um es in ein Kunstwerk zu verwandeln? Dies sind einige der Fragen, die die kürzlich im Museum Rietberg eröffnete Sonderausstellung «Wege der Kunst» aufwirft und zu beantworten versucht.
Anhand von 20 Stationen und den Geschichten von Hunderten von Objekten aus dem 19. und 20. Jahrhundert erkunden wir die Begegnungen und Beziehungen zwischen Menschen, Institutionen und Ländern, die sie in die Vitrinen des grössten Schweizer Museums für Kunst aus aussereuropäischen Kulturen gebracht haben. Ob durch Kauf oder auf anderem Wege, der Weg dieser Kunstwerke ist aktueller denn je. Erinnert sei nur an die Kontroverse um den angeblichen Diebstahl griechischer und ägyptischer Reliquien durch Historiker des British Museum in London. Glücklicherweise ist das Museum Rietberg frei von solcher Polemik, da über 80 % der Sammlung Geschenke von Sammlern sind.
Eine symbolische Reise
Der Fokus von «Wege der Kunst» geht jedoch über die materielle Reise dieser Objekte hinaus und betritt den symbolischen Bereich. Wenn, wie oben erwähnt, die meisten Werke, die dem Museum gehören, geschenkt wurden, lohnt es sich zu fragen, welche Bedeutung sie für die Sammler hatten, die sie zuvor besaßen. Wie haben sie sie ausgestellt und aufbewahrt? Welchen Wert maßen sie ihnen bei? Hier liegt nämlich der Schwerpunkt dieser Ausstellung: in der Debatte darüber, was Kunst zu dem macht, was sie ist, und wie sie sich verändert und weitergegeben wird.
In diesem Sinne ist es von besonderer Bedeutung, dass die Ausstellung gerade im Museum Rietberg stattfindet. Da seine Sammlung Werke aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien umfasst, werden seine materiellen und symbolischen Reisen viel länger gewesen sein als die der europäischen Werke. Man könnte sich aber auch fragen, warum sich «Wege der Kunst» von der gesamten Sammlung des Museums auf Werke aus dem 19. und 20. Jahrhundert beschränkt. Möglicherweise liegt das daran, dass es viel einfacher ist, deren genauen Weg nachzuvollziehen als den von Objekten aus früheren Epochen.
Die Ausstellung ist bis zum 25. Juni 2023 zu sehen. Das Museum Rietberg ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet, ausser montags, da ist es geschlossen. Der Eintritt beträgt 18 Franken, ermäßigt 14 Franken.